Mit der Hafenstraße habe ich mich zeitlich sehr genau auf den Spätsommer 1957 festgelegt. Überall hängen ja die Wahlplakate, die ich übers Internet gegoogelt und dann mittels Photoshop verkleinert und mit einem hochwertigen Fotodrucker ausgedruckt habe. Dem Zeitpunkt sind auch die Filmplakate im Kino und die Werbetafeln angepasst. Ebenso habe ich Wert darauf gelegt, dass die Automodelle korrekt gewählt sind und nicht ein 61er Opel durchs Jahr 1957 brummt...
Mein Hang zu maritimer Umgebung hat ein Motiv mit Hafen bestimmt. Da ich bei Artitec die kleine Werft entdeckt habe, hat sich drumherum alles Weitere entwickelt. Stück für Stück sind die weiteren Bausätze, im besonderen die Schiffe "Kutter Framtid" und Barkasse, ebenfalls von Artitec dazugekommen. Da die Framtid die Ausführung mit vollem Rumpf ist, lag es nahe, sie ins Dock zu verlegen für kleinere Ausbesserungen an Rumpf und Maschine einschließlich Schraube.
Es kam von Langmesser der große Schuppen dazu, der jetzt den Metallverarbeitungsbetrieb Zebisch beherbergt, eine Mauer drumherum (mit einem ordentlich kaputten Abschnitt), fertig. Kleinere Gebäude von Artitec (Gartenhäuschen, zweckentfremdet als Werkzeugschuppen in der Werft und als Kiosk, Garagen, Trafostation) ergänzen die Szene. Der klasse Industriezaun, den Weinert im Angebot hat, umschließt das Betriebsgelände. Auf dem befindet sich ein Dampfkran (Artmaster), der schon reichlich alt ist, seine Dienste aber noch ganz ordentlich versieht. Ein paar Ruderboote von Artitec liegen an den Kaimauern und Landungsstegen (beides Artitec).
Dem gewerblichen Bereich gegenüberliegend zeigt sich eine kleine Häuserzeile von Pola/Faller mit Kino, Hafenschänke und ehemaliger Nachtbar (jetzt im Umbau). Als gelungen empfinde ich die Einrichtung und die Bevölkerung der Hafenschänke. An der Straße aus Silikonformen von Spörrle laufen jede Menger Preiserleins, Mülltonnen warten auf die Abfuhr. Im Hinterhofbereich führt ein Wirtschaftsweg an der Garagenanlage mit Autowaschplatz vorbei. Motorräder von Davo ergänzen die Szenerie, die Automodelle stammen von Brekina, Wiking und Weinert und sind alle mit Kennzeichen (seit 1957 gibts die weißen mit schwarzer Schrift) ausgestattet, teilweise mit Zurüstteilen von Weinert. Über den materiellen Wert weiß ich nichts, es kommen sicher ein paar hundert Euro zusammen, möglicherweise wird's sogar vierstellig.
Das Diorama ist recht groß, 110 mal 60 Zentimeter, aufgebaut auf Styrodur-Dämmplatten. Der Landschaftsbau mit Moltofill und Spachtelmasse hält sich in Grenzen. Das Wasser stammt von Noch (Schmelzpellets) und lässt sich super verarbeiten. Bei der ganzen Geschichte, an der ich mit Unterbrechungen alles in allem länger als ein Jahr gebaut habe, kommt es mir auf eine glaubwürdige Anmutung an. Es muss nicht jedes noch so kleine Detail stimmen (meine Häuser haben beispielsweise weder Hausnummern noch Straßenschilder, weil die nicht stimmig nachgebildet werden können - oder kennen Sie einen Anbieter, der das gut rüberbringt?), der Gesamteindruck zählt.
Die Szene ist angereichert mit einer Gruppe US-Offizieren mit offiziellem Auto, so dass eine Lokalisierung in der amerikanischen Besatzungszone naheliegt. Allerdings waren die Küstenabschnitte in den westlichen Zonen sämtlich in britischer Verwaltung - mit Ausnahme eines kleinen Korridors von Bremen bis Bremerhaven. Folglich findet sich die Hafenstraße mit der kleinen Werft von Hinrich Janssen wohl irgendwo in diesem Bereich :-) Ohne Wikipedia wüsste ich das alles auch nicht... Ich bin zwar gar kein Freund von all dem Militärischen, aber ich gestehe, dass mich die Preiser-Figuren schon beim ersten Mal, als ich sie auf der Spielwarenmesse gesehen habe, begeistert haben. Ich bin hingegen ein bekennender Fan der Wirtschaftswunderzeit. Nicht, weil da angeblich alles besser war - Quatsch. So gut wie heute ging es den Menschen nie zuvor - sieht man ja schon daran, dass es genügend Verrückte gibt, die sich eine kleine eigene Welt bauen. Nein. Ich bin Jahrgang 1960 und habe noch gute Erinnerungen an die Kinderjahre, die ich hart am Eisernen Vorhang verlebte. Mein Vater war Beamter der Bayerischen Grenzpolizei und wir lebten in einem Ort nur einen Kilometer von der Grenze zur damaligen CSSR entfernt. Amerikanische Truppen gehörten damals ebenso zur Realität wie Schöller Milcheis für 20 Pfennig. Die Jahre zwischen 1950 und 1968 sind quasi "meine Zeit". Wenn ich auch als Kind nie ein Schiff in echt gesehen habe, so hat mich schon immer das geschäftige Treiben in Küstenstädten und Häfen begeistert. Dies verbunden mit dem Wirtschaftswunder...
Quellenstudium und Internetrecherche haben bei dem Projekt Hafenstraße einen sehr großen Stellenwert besessen. Nichts ist peinlicher, als ein richtig dummer Fehler beispielsweise bei den verwendeten Autos. Aber als langjähriger und mittlerweile erfahrener Journalist weiß ich ja, wie ich an Informationen komme und wie sie einzuordnen und umzusetzen sind. Alles nur einem Ziel übrigens untergeordnet: Freude und Entspannung. Ein bisschen jung bleiben in dieser Welt, die täglich komplexer und verrückter wird. Weil - sonst wird man ja selbst ganz verrückt.