Nachdem der Rumpf samt Rüsten, Ruder und Galion fertig war, ging es ans Eingemachte. Die Masten mussten aufgestellt und verzurrt werden, dann kam das Stehende Gut an die Reihe, bevor ich mich an das Laufende Gut machte.
Zunächst die Masten und Rahen. Die Masten mussten nach oben verjüngt werden. Dazu hab ich mir eine Modellbauer-Drechselbank von Proxxon angeschafft. Mit deren Hilfe war das millimetergenaue Drehen der Masten kein Problem mehr. Ebenso die Rahen: Ich ersetzte das mitgelieferte Holz durch festere Buchenrundstäbe und drehte diese mit der Drechselbank auf die richtige Größe. Danach wurden sie mehrfach nuss/schwarz gebeizt und verschliffen.
Die konventionelle Mastengestaltung mit Saling und Mars war etwas trickreich, aber nach dem dritten Vorgang hatte ich es nicht nur begriffen, sondern konnte die Konstruktion sehr detailliert und passend nachbauen. Allerdings vermisse ich jetzt im Nachhinein bessere Aufbauhilfen wie Zeichnungen oder auch Beschreibungen - vor allem des zeitlichen Ablaufes wegen. Wenn man die Masten baut, wäre genügend Platz und es wäre auch technisch einfacher, bereits Löcher zu bohren oder besser auf Abstände zu achten oder gleich Leertaue zu ziehen, die im weiteren Verlauf, besonders dann bei den Wanten, Stagen und Tauen zur Befestigung der Rahen an den Masten wichtig sind. Nun gut, beim ersten Schiff lernt man vor allem aus den Fehlern...
Die Wanten mit Jungfern und Webleinen sind aufwändig herzustellen - zwar ohne wirkliche Probleme, aber schon zeitintensiv. Mir persönlich hat sehr das Modellbauforum Model Ship World geholfen, wo man immer Rat, Tat, gute Tipps, Fotos und vor allem nette Leute findet. Nach Wanten, Stagen und Pardunen, dem Stehenden Gut eben, ging es ans Laufende Gut. Ich habe keine Segel gesetzt, so dass es übersichtlich und gut beobachtbar bleibt, was sich zwischen den Masten und Rahen so an Tauen tummelt. Zum Schluss noch die Flaggen dran, alles mit seidenmattem Klarlack abschließend behandelt und auf eine Grundplatt mit Pfosten gesteckt - fertig ist die Half Moon.
Ein Fazit
Der Bausatz für die Half Moon von Corel hat schon einige Tage auf dem Buckel. Dennoch gibt es nichts wirklich zu kritisieren. Das Modell stellt auch den Anfänger nicht vor unlösbare Probleme, die Herausforderungen bei der Erstbeplankung, der Deckgestaltung und der Takelung sind ohne weiteres zu meistern - besonders, wenn man sich an einem Forum beteiligt. Ich finde, es ist ein schönes Schiffsmodell geworden, das sicher noch einige Schwächen hat, aber das gehört zum Lernprozess. Es macht einfach Spaß, mit Holz zu arbeiten, Details selber herzustellen und nicht einfach in die Kiste zu greifen und das Teil ankleben. Dann kommt dazu, dass man sich zwangsläufig ja auch mit der Geschichte der Seefahrt, mit Menschen, mit Ereignissen beschäftigt. Das erweitert den Horizont, man lernt immer dazu und versteht Zusammenhänge neu. Je nachdem, welches Schiffsmodell man wählt, finden sich neue Aspekte, das Geschichtswissen zu erweitern - ob es nun die Schiffe der britischen Admiralität unter Lord Nelson sind, Entdecker wie Kapitän Hudson oder Capt James Cook oder die Entwicklung der deutschen Marine im 17. Jahrhundert - ein kaum bekanntes Kapitel deutscher, speziell brandenburgischer, später preussischer Herkunft.
Wer Zeit und Geduld hat und sich für Schiffe und deren Geschichte interessiert, findet im Historischen Schiffsmodellbau - sei es nun mit Bausätzen oder komplett selbst nur nach Plänen - ein wirklich schönes Hobby. Ich habe geschätzt 350 bis 400 Stunden gebraucht, um aus ein paar Leisten, Sperrholzstückchen, Fäden und Leim die Half Moon zu bauen. Es war sicher nicht das letzte Modell.
Eine Galerie mit Eindrücken vom fertigen Modell gibt es auf der letzten Half Moon-Seite